OVG Koblenz: Wetterradar contra Windkraft

OVG Koblenz: Wetterradar contra Windkraft – Keine Unzulässigkeit von Windkraftanlagen wegen Störung eines Wetterradars

08.03.2016 | Planen & Umwelt

Der Betrieb von drei Windkraftanlagen im Kreis Bitburg-Prüm lässt keine gravierenden Störungen der Funktionsfähigkeit der Wetterradarstation Neuheilenbach erwarten. Insbesondere ist nicht mit nennenswerten Auswirkungen auf Unwetterwarnungen des Deutschen Wetterdienstes zu rechnen. Dies hat das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 13. Januar 2016 (8 A 10535/15.OVG) entschieden.

Die Bundesrepublik Deutschland wendet sich als Trägerin des Deutschen Wetterdienstes (DWD) gegen immissionsschutzrechtliche Genehmigungen zur Errichtung und zum Betrieb von drei Windkraftanlagen, die der beklagte Landkreis den beiden beigeladenen Windkraftunternehmen erteilt hat. Die drei Windkraftanlagen sollen in einem im Regionalen Raumordnungsplan festgesetzten Vorranggebiet für die Windenergie westlich der Autobahn A 60 errichtet werden. Der DWD betreibt seit 1998 an einem knapp 11 km östlich davon gelegenen Standort in der Gemeinde Neuheilenbach eine seiner 17 im Bundesgebiet unterhaltenen Wetterradarstationen. Zur Begründung ihrer nach erfolglosem Widerspruchsverfahren beim Verwaltungsgericht Trier erhobenen Klage machte die Bundesrepublik Deutschland im Wesentlichen geltend, der Betrieb der genehmigten drei Windkraftanlagen werde zu erheblichen Störungen der Funktionsfähigkeit der Wetterradarstation Neuheilenbach führen. Für die bodennahe Raumabtastung durch Radarstrahlen mit niedrigem Höhenwinkel würden einerseits durch den Aufprall der Radarsignale auf die Rotoren „Fehlechos“ verursacht und andererseits durch Dämpfungen des Radarstrahls sog. „Abschattungseffekte“ erzeugt. Hierdurch werde der Informationsgehalt der Radarsignale blockiert oder verfälscht, weshalb in diesem Bereich keine zuverlässigen Wetterprognosen und insbesondere keine zuverlässigen und rechtzeitigen Unwetterwarnungen mehr ausgegeben werden könnten. Zudem sei die Aufgabe der meteorologischen Sicherheit der Luftfahrt beeinträchtigt. Das Verwaltungsgericht holte ein Sachverständigengutachten ein, das zu dem Ergebnis gelangte, dass durch den Betrieb der Windkraftanlagen lediglich geringere Beeinträchtigungen des Wetterradars zu erwarten seien, die teilweise auch durch Eigenmaßnahmen des DWD ausgeglichen werden könnten. Daraufhin wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. Mit ihrer vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Berufung griff die Klägerin insbesondere die Feststellungen in dem erstinstanzlich eingeholten Sachverständigengutachten an.

Das Oberverwaltungsgericht wies die Berufung nach ergänzender Anhörung des gerichtlichen Sachverständigen und der Fachbeistände der Klägerin in der mündlichen Verhandlung als unbegründet zurück. Zwar werde der Betrieb der drei Windkraftanlagen zu Störungen von Radarmessungen der Wetterradarstation Neuheilenbach führen. Wie der gerichtliche Sachverständige überzeugend dargelegt habe, seien durchaus gewisse nachteilige Beeinflussungen auf die vom Wetterradar gewonnenen Basisdaten zu erwarten. Dies habe seinen Grund im relativ starken Hineinragen der bis zu 200 m hohen Windkraftanlagen in die unteren Elevationsebenen des Radarstrahls, insbesondere in den Niederschlagsradar. Hierdurch seien vornehmlich Störsignale („Fehlechos“) zu befürchten, die zu unerwünscht frühen Warnungen z. B. vor Gewitter und Hagel führen könnten (sog. „Überwarnungen“). Anderseits stünden aber ab einer Höhe von 480 m über dem Radar weiterhin ungestörte Messergebnisse zur Verfügung.

Nach Überzeugung der Koblenzer Richter sind indessen die Auswirkungen dieser Störungen auf die Aufgabenerfüllung des Deutschen Wetterdienstes nicht so gravierend, dass sie der Genehmigung der im Außenbereich privilegiert zulässigen und zudem in Vorranggebieten für die Windenergie gelegenen Windkraftanlagen entgegenstünden. Die gegenüber einem Bauanspruch durchsetzungsfähige Störwirkung müsse über bloß vorsorglich geäußerte Bedenken, wie sie bei der Festlegung der Konzentrationszonen für die Windenergie geltend gemacht werden dürften, hinausgehen. Es habe nicht festgestellt werden können, dass die windenergiebedingten Störungen bei den bodennahen Radarerfassungen zu erheblichen Defiziten für die zu erstellenden Wetterinformationen führen.

So sei zunächst die Einschätzung des gerichtlichen Sachverständigen nicht ernsthaft erschüttert worden, dass es nur zu geringfügigen Dämpfungen des Radarstrahls hinter den Windkraftanlagen (sog. „Abschattungseffekte“) in der Größenordnung von Messtoleranzen kommen werde. Was durch den Betrieb der drei Windkraftanlagen verursachte Fehlechos angehe, seien diese jedenfalls nicht in einem Ausmaß zu erwarten, dass die Erkennung von warnwürdigen Wetterphänomenen wie Gewitter, Hagel, Starkregen oder gefrierendem Regen in einer für die Aufgabenerfüllung des DWD relevanten Weise negativ beeinflussen könnte. Hierfür sei wesentlich, dass nach der überzeugenden Einschätzung des gerichtlichen Sachverständigen ab einer Höhe von 480 m über Radar weiterhin ungestörte Radarmessungen erzielt werden könnten. Die Fachbeistände der Klägerin hätten nicht überzeugend darlegen können, dass es etwa für die Gewitterwarnung entscheidend auch auf von den drei Windkraftanlagen unbeeinflusste Daten aus den unteren Elevationsebenen ankomme; nach deren Angaben seien für Gewitterwarnungen der Öffentlichkeit ohnehin auch individuell erhobene und ausgewertete Daten, z. B. aus der Blitzortung wesentlich. Auch für die Erkennung von sog. „Mesozyklonen“ (rotierende Aufwindfelder in konvektiven Wolken), aus denen sich besonders schadensträchtige Wetterereignisse wie Tornados entwickeln könnten, komme es entscheidend auf ungestörte Messergebnisse aus 600 m Höhe und mehr an, was vorliegend weiterhin gewährleistet sei. Schließlich sei auch nicht erkennbar, dass es durch den Betrieb der drei Windkraftanlagen zu Beeinträchtigungen der Aufgabe des DWD zur meteorologischen Sicherung der Luftfahrt von nennenswertem Gewicht kommen werde. Die Heranziehung von Daten des Niederschlagsradars hierfür stelle ohnehin – weil aus Luftschichten weit unterhalb der regelmäßigen Flughöhe der meisten Luftfahrtzeuge gewonnen – nur einen Kompromiss dar und bedürfe der Ergänzung durch Wetterinformationen aus anderen Quellen.

Quelle: Pressemitteilung des Gerichts Nr. 3/2016 vom 13.01.2016

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