Die geplanten Giganten machen Angst

20.10.2016   Schwäbische Zeitung

Der Gemeinderat ist 2012 bei der Bewilligung der WKA von 100-140m Höhe ausgegangen. Jetzt sollen es 230m werden. Da es aber keine Höhenbegrenzung gibt, wird sich wohl nicht mehr viel ändern. „Die Planung steht.” Letztendlich habe die Genehmigungsbehörde als Hoheit zu entscheiden.

Im Windpark „Rosenberg-Süd“ sollen drei der höchsten Windräder Deutschlands entstehen.
Rund 100 Interessierte, aber auch besorgte Bürger sind zur Infoveranstaltung der EnBW ODR über die geplante Windkraftanlage „Rosenberg-Süd“ in die Virngrundhalle gekommen. Im Dreieck Altmannsrot, Matzengehren, Hinterbrand sollen mit die größten Windräder in ganz Deutschland entstehen. „Ist dieser Gigantismus nötig?“, war eine von vielen Fragen.


Um es gleich vorweg zu nehmen: In der Virngrundhalle Rosenberg haben sich nicht Windkraftgegner getroffen, sondern Menschen, die sich Sorge um ihre Heimat, aber auch um ihre Gesundheit machen. Immer wieder war zu hören, dass es für Windräder in diesen geplanten Dimensionen bislang keine Untersuchungen gebe, wie sie sich langfristig auf das Wohlsein des Menschen und die Natur auswirken.
Tatsächlich sind die drei geplanten Windräder echte Giganten mit einer Gesamthöhe von rund 230 Metern, einer Nabenhöhe von 164 Metern und einem Rotordurchmesser von 131 Metern. Höher als alles, was bislang im Virngrund beziehungsweise in der gesamten Region erbaut worden ist.

Protestbanner vor der Halle
Dass die Wogen an dem Abend mitunter etwas höher schlugen, war bereits im Voraus klar. Denn schon vor dem Eingang der Virngrundhalle war ein riesiges Banner mit dem Aufdruck „Wirtschaftlich unrentabel, Profitgier, Windkraft auf Kosten von Mensch und Natur und Politik ohne Sinn und Verstand“ aufgehängt worden. Das machte die Situation im Innern der Halle nicht unbedingt einfacher, obwohl sich die Mitarbeiter der EnBW ODR an Themenständen wie „Natur bewahren“, „Lebensqualität sichern“ oder „Energiewende im ODR-Gebiet“, um nur einige zu nennen, bestens vorbereitet hatten. An diesen Ständen, jeweils mit einem Spezialisten der EnBW, konnte man Karten mit seinen Wünschen, Fragen, aber auch Sorgen ausfüllen und einwerfen. Diese wurde in der anschließenden Diskussion beantwortet.
Moderator Frank Ulmer nahm die Fragen auf und stellte sie an die EnBW-Verantwortlichen. So forderte zum Beispiel Hermann Sorg, das Planverfahren neu aufzurollen, denn im Jahre 2012, als er noch Gemeinderat war, sei man bei der Bewilligung von einer Höhe von 100 bis 140 Metern ausgegangen. Jetzt seien es um die 230 Meter. „Wenn wir damals geahnt hätten, wie groß die Windräder werden sollen, hätten wir bestimmt nicht zugestimmt“, sagte er rückblickend. Matthias Trenkel, Projektleiter der EnBW, konterte das mit dem Hinweise: „Im Planverfahren gibt es keine Höhenbeschränkung.“ Der Eingriff in das Landschaftsbild war am Mittwoch ein großes Thema. Visualisierungen, wie sie mit Blick vom Hohenberg auf das geplante Windkraftgebiet gezeigt wurden, würden die tatsächliche Höhe der Windräder beschönigen, wurde vonseiten der Bürgerschaft kritisiert. „Wohnt man aber in Matzengehren, das rund 100 Meter tiefer liegt, ist das was ganz anderes“, mahnte Jens Greiner.
Franc Schütz, Projektentwickler der EnBW, erklärte in diesem Zusammenhang, dass an der gigantischen Größe der Windräder kein Weg vorbeiführe: „Wir müssen diese Höhe haben, damit wir die Windverhältnisse optimal ausnützen können.“
Ortsvorsteher Albert Schiele aus Schrezheim meldete sich ebenfalls zu Wort und schlug vor, sich dort zu treffen, wo das Umspannwerk für die Anlagen gebaut werden soll – wobei er noch nachschob, dass das Umspannwerk „auf keinen Fall in der Nähe von Wohngebieten“ platziert werden dürfe.
Michael Hofmann aus Hinterbrand sprach von einem „bitteren Abend“. Der geplante Bau der Windräder beruhe auf Planungsvorschriften, die vor vier Jahren gefasst worden seien. Das, was jetzt passiere, sei nicht mehr nachvollziehbar und grenze an „Gigantismus“. „Sie vergessen die Menschen“, konstatierte Hofmann und warf der EnBW ODR Profitdenken vor. „Irgendwo müssen wir die Anlagen ja bauen“, erwiderte EnBW-Mitarbeiter Franc Schütz. Wir sind jetzt mit der Energiewende eben auch auf dem Land angekommen. Das Sankt-Floriansprinzip hilft keinem“, sagte er.
Eine große Diskussion entspann sich auch noch um den Schutz der Wildtiere. In dem betroffenen Bereich verläuft ein sogenannter Generalwildweg, weshalb eventuell ein Windrad weniger gebaut werden muss. „Wir nehmen Rücksicht auf die Natur“, betonten die Mitarbeiter der EnBW, die einen Biologen zu Verstärkung dabei hatten. Der erklärte, dass die Anlagen für das heimische Wild „unbedenklich“ seien.
Das rief Jens Greiner aus Matzengehren auf den Plan. Er merkte an: „Ich habe die Diskussion anfangs für sachlich empfunden. Aber die Argumentation hinsichtlich des Wildweges halte ich für haarsträubend.“ Er habe den Eindruck, dass es bei dem Projekt vornehmlich um Kommerz gehe und sonst gar nichts.

„Die Planung steht, da wird sich nicht mehr viel ändern“
Auf die letzte Frage des Abends, ob denn noch etwas geändert werden könnte, führte Franc Schütz von der EnBW aus: „Die Planung steht, da wird sich nicht mehr viel ändern.“ Letztendlich habe aber die Genehmigungsbehörde als Hoheit zu entscheiden.

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